Es gibt Zeiten im Leben, da können wir nur noch reagieren auf das, was auf uns zuströmt. Zur Zeit fühle ich mich wie ein Kajakfahrer im Gebirgsbach: Das Wasser will unaufhaltsam runter vom Berg und ich kann nur versuchen, den Felsbrocken auszuweichen und dabei nicht unterzugehen. Eine ganze Menge Wasser schluckt man dabei trotzdem.

Meine alte Beziehung geht dem Ende zu. Die neue ist über die Anfangsphase längst hinaus, aber doch noch nicht gefestigt. Ich wohne im Moment zwischen zwei Orten, der Umzug steht die nächsten Wochen an. Dauernd fehlt irgendwas, weil es am anderen Ort liegt. Das Schlafen in ständig wechselnden Betten macht mich rast- und ruhelos. Jetzt versuche ich, in dem ganzen Wirrwarr wenigstens kleine Rituale und Regelmäßigkeiten aufzubauen, um wieder Halt zu finden.

Natürlich gibt mir auch mein neuer Freund Halt. Eine lange Umarmung von ihm und ich werde gewiss, dass alles gut wird. Trotzdem lernen wir uns in dieser neuen Phase als Paar auch neu kennen. War es vorher ein Highlight, eine ganze Woche nebeneinander aufwachen zu dürfen und den Tag mit einer Runde Morgensex zu beginnen, wird mir ebendieser momentan eher zur Last.

Weibliche Lust braucht Entspannung, Ruhe, Sicherheit

Denn wodurch Männer Entspannung finden, dafür müssen wir Frauen erst mal entspannt sein. Sex funktioniert für uns nur in ‘guten’ Zeiten easy: wenn alles in gewohnten Bahnen läuft. Wenn wir uns bei Partner sicher und angenommen fühlen. Wenn Beruf, Kinder, Familie oder sonstige Verpflichtungen uns keinen Stress bereiten. Wenn wir ausreichend Schlaf bekommen und im Idealfall sogar noch die Zeit finden, uns im Freien zu bewegen, die Natur zu genießen, einem schönen Hobby nachzugehen. Also eigentlich im Urlaub. Aber Urlaub ist halt nicht immer im Jahr. Da muss Geld verdient werden, der Haushalt geschmissen, das Bad geputzt, ein Umzug organisiert werden…

Was dabei als erstes auf der Strecke bleibt, ist die Lust

Und dann mopst sich auch noch der Freund morgens ran und will f*cken? Nee wirklich, lass mich lieber noch ne halbe Stunde länger schlafen…

Es ist nicht immer Urlaub im Leben. Und das Leben besteht nicht nur aus Hochphasen. Manchmal wird alles so viel, dass ich am liebsten hinschmeißen und mich in einer selbstgebauten Burg aus Kissen und Decken verstecken will, und dann kommt jemand und bringt mir heißen Kakao und lässt mich dann wieder in Ruh, damit ich mein Lieblingsbuch lesen kann…

Ich sehne mich danach, einfach nur zu sein. In den Tag zu leben. Nach meinem eigenen Rhythmus zu handeln, einfach zu schauen, auf was ich Lust habe. Denn weißt Du was? Die Lust kommt dann von alleine.

Nimm dir ausreichend und regelmäßig Zeit für dich. Deine Lust dankt es dir!

Gestern zum Beispiel tauchte sie unverhofft mitten am Nachmittag auf. Wie mir das gelang? Die Sonne schien, die Arbeit im Büro war geschafft, und ich bin zwei Stunden früher als geplant abgehauen. Habe mich mit Kaffee und was Süßem auf die Terrasse gesetzt und einfach mal nichts gemacht. Trotz endloser To-Do-Liste. Und siehe da: die Lust klopfte an. Und bei der abendlichen Kuschelstunde fühlte sich alles ganz intensiv, neuartig und erregend an.

Neue Lust durch kleine Auszeiten

Lust entsteht nicht einfach, und schon gar nicht aus dem Nichts – aber ich hab den Körper mal sein gelassen, nichts erzwungen, und abgewartet, bis er sich von selbst meldet. Und bin mir dabei bewusst geworden, wie wichtig kleine Auszeiten im Alltag sind. Wir können nicht immer auf den nächsten Urlaub warten. Manche*r von uns hat vielleicht nicht mal Urlaub, weil immer was zu tun, immer jemand zu versorgen ist. Aber wir können uns kleine Inseln im Tag schaffen. Je nachdem, was uns möglich ist. Du hast 5 Minuten Zeit? Dann tu Dir was Gutes:

5 Minuten:

setz Dich hin, schließe Deine Augen und beobachte Deinen Atem. Du wartest auf den Bus oder sitzt in der S-Bahn? Lass das blöde Smartphone mal in der Tasche und schau einfach dumm in die Gegend.

15 Minuten: 

noch besser – leg Dich hin, schließe Deine Augen und spür Deinen Körper auf der Unterlage. Gib dem Schlaf nach, wenn er kommt!

60 Minuten:

Mach einen Spaziergang im Grünen, nimm den Duft des Frühlings wahr, hör den Vögeln bei ihrem beschäftigten Zwitschern zu, entdecke die ersten Blüten auf der Wiese, pflück Dir eine und nimm sie mit nach Hause.

120 Minuten:

Wann hast Du Dir zuletzt eine Körper-Massage im Kosmetikstudio gegönnt? Tu es jetzt!

240 Minuten: 

Ab mit Dir in die nächste Sauna, heiz Deinen Zellen mal ordentlich ein – nach einem Saunatag wirst Du eine neue Verbindung zu Deinem Körper spüren.

Wenn ich endlich frei habe, wenn ich Urlaub nehmen kann oder wenn das Wochenende da ist, dann, ja dann wird alles besser….. nicht! Mit dieser Aufschiebetaktik stapelst Du deinen Stressberg immer höher und höher, bis er irgendwann über Dir zusammenbricht und gar nichts mehr geht. Warte nicht so lang. Schau jeden Tag, jede Stunde wieder, wo Du einen kleinen Moment ganz für Dich allein einschieben kannst.

Genau das mach ich jetzt auch. Abschalten, eine Runde um die Häuser gehen, ein paar tiefe Atemzüge nehmen. Und dann mit neuer Kraft die Aufgaben angehen, die heute anstehen.

Hast Du Ideen oder Rituale für kleine Mini-Auszeiten, die Du teilen möchtest? Ich freue mich über Deine Anregungen im Kommentar!