Wer einen Blick in die Welt der erotischen Parties wagt, stößt schnell auf ein Themenkonzept, das mit einem einzigen Buchstaben aus allen anderen Spielarten hervorsticht. “Der Abend der O”, “Die Nacht der O”, “Die Geschichte der O”, “Die O & Novizin” – was hat es mit der mysteriösen O auf sich und was passiert auf einer O-Party? Spoiler: Wer auf gleichberechtigten Sex, Respekt und Konsens steht, ist hier genau richtig. Und am Ende ziehe ich ein persönliches Fazit.

Die Geschichte der O

Am Ende ist die “Nacht der O” auch nichts anderes als eine Sexparty. Aber anders als Jürgen und Annette im Swingertreff Wernigerode befolgen die Fans der O ein striktes Regularium. Ablauf, Kostümierung und sexuelle Handlungen beziehen sich auf eine fast schon historische – und definitiv pornöse – Romanvorlage aus dem Jahr 1954.

Worum geht es?

Kurz gesagt: eine Frau namens O (wir erfahren weder ihre Sozialversicherungsnummer noch ihren vollen Namen) unterwirft sich aus ungewissen Gründen freiwillig einem adligen Typen und lebt fortan als seine Sexsklavin. Es wird gefoltert, gefesselt und kopuliert und am Ende gehen alle glücklich nach Hause. Naja fast, zumindest in der modernen Partyadaption.

Keine Sorge: Um an einer Nacht der O teilzunehmen, musst du das Buch der O nicht gelesen haben. Die Regeln stehen in jeder anständigen Partybeschreibung und lassen am Ende jede Menge Spielraum für eigene Erkundungen.

Regeln für die O

Wer für eine Nacht in das Gewand der O schlüpft, unterwirft sich einer knappen Liste an Regeln.

Eine O…

  • … spricht nur, wenn sie gefragt wird
  • … redet alle Herren nur mit Sie an
  • … hält ihren Blick gesenkt und schaut den Herren niemals ins Gesicht – folgt aber seiner Aufforderung, wenn er dies wünscht
  • … führt keinen Smalltalk, sondern hält die Klappe und redet nur, wenn sie gefragt wird
  • … nimmt nie auf einem Stuhl Platz, sondern kniet zu Füßen ihres Herrn
  • … kleidet und postiert sich so, dass Brust und Intimbereich jederzeit für ihren Herrn zugänglich ist

Was muss eine O nicht?

Konsens ist King, auch auf einer BDSM-Party. Und bei allem devoten Verhalten gibt auch eine O ihr Hirn nicht an der Eingangstür ab. Allen Teilnehmenden ist bewusst, dass es sich um ein (Schau-) Spiel handelt.

Eine O muss nicht…

  • … jedem für sexuelle Handlungen zur Verfügung stehen
  • … Praktiken mitmachen, die sie nicht mag
  • … ein Ja dann auch durchziehen bis zum bitteren Ende
  • … respektlose Behandlung erdulden
  • … sich von jedem anfassen lassen
  • … überhaupt mit irgendwem Sex haben

Übrigens…

Wer sich das Konzept “Nacht der O” erstmal anschauen will, kann sich auf den meisten O-Events als Novizin anmelden. Ein farbiges Armband signalisiert: ich guck nur. Selbstverständlich kann aus dem Zuschauen spontan auch mehr werden.

Der Neigungsbogen – Das Menü deiner Wünsche und Grenzen für die “Nacht der O”

Wer als O auf eine “Nacht der O” geht, erlebt ein hohes Maß an Respekt und Wertschätzung – auch und gerade als vermeintliche Lustsklavin. Dafür sorgt nicht zuletzt der Neigungsbogen, den jede Teilnehmerin im Vorfeld mit ihrem ‘Herrn’ ausfüllt.

Das sieht dann zum Beispiel so aus:

Erlaubt:

  • Blasen mit Kondom
  • Sexueller Kontakt mit anderen O-s
  • GV vaginal
  • Fesseln

Zu beachten:

  • Nicht im Körper der O kommen
  • Toys und Schlagwerkzeuge nur nach Rücksprache mit dem Herrn
  • Interesse an Bondage

Tabus:

  • GV anal
  • Dirty Talk
  • Schläge ins Gesicht

Ist der Neigungsbogen ein Freifahrtschein?

Nein, natürlich nicht. Er gibt eine Orientierung und hilft außerdem, miteinander in Kontakt zu kommen (das soll dem ein oder anderen auf Sexparties ja eher schwer fallen). Der Neigungsbogen ist eben nur das: eine Auskunft über die Neigungen der O. Er ist keine Verpflichtung für die O, Dinge erfüllen zu müssen, auf die sie keine Lust hat (außer das ist Teil Eures ganz persönlichen Dom/sub-Spiels).

Bei manchen Parties wird der Neigungsbogen mit einem (anonymen) Foto der Sub ausgehängt. Andere Veranstalter hängen der Sub den Zettel in einem kleinen Samtbeutelchen ans Halsband, Armband, …

Kritik am Konzept O

Ein Manko liegt auf der Hand: diese ganze Sache rund um die O ist eine sehr heteronormative Veranstaltung. Eine O ist immer weiblich, der Herr immer männlich. Sie ist immer devot, er immer dominant. Manche Veranstalter laden Crossdresser*innen und nichtbinäre Menschen explizit aus. Okay, da ist die Sache mit dem Szenario der historischen Vorlage. Ich hatte bei meiner Nacht der O den Eindruck, dass bei manchen Teilnehmer*innen tatsächlich ein (Kopfkino-) Film abläuft. Ja. Aber.

Gerade weil BDSM-Fans selbst von Toleranz profitieren, wünsche ich mir für die “Nacht der O” eine offenere Haltung und weniger geschlossene Türen. Jürgen und Annette aus dem Swinger-Treff Wernigerode würden sich ohnehin irritiert von einer kunstvollen Auspeitschung abwenden, den Dungeon hinter sich lassen und sich lieber ins Plüsch-Séparée verabschieden.

Mehr über die Schattenseiten der Swingerwelt hat übrigens meine Gastautorin Caro geschrieben. In einem anderen Blogbeitrag erzähle ich mehr darüber, worauf du achten solltest, wenn du eine BDSM-Party besuchen willst.

Führung und Unterwerfung im Hörspiel – “Die Contessa”

Wie es anders gehen könnte? Ein mögliches Szenario entwerfe ich in meiner dritten Hörspielfolge für BLOOM: Salon d’Amour – Die Contessa

… Du bist zu Besuch im Salon d’Amour, wo du dich voll und ganz dem Willen der Domina deines Vertrauens überlässt. Mit verbundenen Augen, gefesselt und über einen Bock gebeugt wartest du nur darauf, was deine Contessa mit dir vorhat – und du weißt, ihr seid nicht allein im Raum.

Mit dem Code “LOTTA” bekommst du 20% aufs Monatsabo (regulär $ 5.59) und 50% aufs Jahresabo (regulär $ 20.95). Eine ganze Reihe an Folgen kannst du auch als Gast komplett in ganzer Länge hören!

Mein persönliches Fazit zur “Nacht der O”

Ich hatte im Vorfeld vor der Nacht der O allem eine Sorge: Was ist, wenn das ganze devote Schauspiel nicht meine best parts, sondern meine innere Hardcorefeministin zur Weißglut bringt? Werden mich die Regeln abtörnen? Und was mach ich, wenn ich zwar im Neigungsbogen allem Möglichen zustimme, aber am Ende doch keine Lust aufkommen will?

Genau das ist nämlich passiert. Trotz Eisprung dies das blieb ich an diesem Abend eher unterkühlt. Der Boy und ich schmusten ein bisschen auf dem Präsentierteller, wiesen diverse interessierte Herren ab und verzogen uns irgendwann in die Bar. Dort trafen wir eine gute Bekannte, ich lockerte mein Korsett, ein Gin Tonic kam ins Spiel und wir saßen noch eine ganze Weile plaudernd zusammen.

Auf dem Sofa – nicht auf Knien.

Fotocredit: Artem Labunsky via Unsplash