Ich weiß, ich hab leicht reden, wenn ich Menschen aller Couleur und Körperformen ermutige, einfach das Swingen auszuprobieren, wenn sie davon träumen. Mein eigenes Gewicht ist ziemliches Mittelmaß. Trotzdem hat mich der erste Swingerclub Besuch unfassbar viel Überwindung gekostet. Wie geht es dann erst Menschen ober- oder unterhalb der Norm? Wie fühlt man sich, wenn man als wirklich runde Frau in den Swingerclub gehen will? Das kann ich selbst höchstens erahnen.

Heute freue ich mich deshalb, eine Gastautorin begrüßen zu dürfen, die als runde Frau zum ersten Mal in den Swingerclub gehen will. In diesem Blogartikel geht es um ihre Sorgen, Ängste und Befürchtungen vor dem ersten Mal.

Wer schreibt hier?

Jessica ist Blogger und angehender Coach auf Lustlaut. Mit ihrer Webseite möchte sie runden Frauen zu mehr Selbstsicherheit und Freude am Sex und ihrem Körper verhelfen. Ihr Ziel ist es, dass alle Körperformen akzeptiert werden und Sex frei und schamlos ausgelebt werden darf. Für einen entspannteren Umgang mit uns selbst und in der Gesellschaft. 

Jessica schreibt als runde Frau über ihre Ängste vor dem ersten Swingerclub Besuch

Als runde Frau im Swingerclub – 8 Sorgen die ich mir mache

Mit offenen Augen liege ich gerade wach. Denn ich kann immer noch nicht glauben was ich getan habe. Ich habe einer Bekannten vorgeschlagen, gemeinsam in den Swingerclub zu gehen. 

Ich war dort noch nie. 

Ich weiß nicht, was mich erwartet. Und ich mach mir viele Gedanken. Ich habe sogar etwas Schiss. 

Und: Ich bin nicht wie die „Anderen“, denn ich bin dick. Nicht nur ein paar Kilo zuviel, sondern sehr gut gerundet. Ich habe damit kein Problem. Aber ob das die anderen auch so sehen? 

Ja es hat mich geritten. Der Nervenkitzel und die Vorfreude auf einen lustvollen Abend. Vielleicht geht es dir so ähnlich. Du bist nicht allein mit deinen Gedanken und daher möchte ich dir von meinen acht größten Sorgen vor dem Swingerclub erzählen. 

Sorge Nr. 1: Was ziehe ich als runde Frau im Swingerclub an?

Ich möchte nicht zu „nackt“ sein aber auch nicht bis oben hin zugeschnürt. Praktisch sollte es sein (also ohne Gefummel auszuziehen) und natürlich auch bequem und nicht schwitzend. 

Schöne Spitzen-Negligées sind hinreißend aber offenbaren doch sehr viel Haut. Ebenso wie klassische Dessous mit Strapsstrümpfen. Klassische „Clubwear“ in Latex oder Leder muss man wirklich mögen, ebenso wie hohe Schuhe. 

Was könnte ich also als runde Frau alternativ im Swingerclub anziehen? Etwas, das meinen großen Kurven schmeichelt, indem ich mich problemlos über Stunden wohlfühle, das aber trotzdem diesen sexy Touch hat? 

Ich habe recherchiert und exzessiv Modekataloge durchstöbert. Ich bin hängen geblieben bei einer transparenten Bluse mit einem auf der Taille getragen Rock (Mini oder knielang) oder einer eleganten Hose. Da ich kein Freund von High-Heels bin, werde ich flache Sandalen in einer auffälligen Farbe wie Rot oder Gold tragen.  Gegen eventuelles Oberschenkelreiben nehme ich immer das Bodyglide, welches auch schweißresistent ist. Unterwäsche? Gute Frage. Ich besitze tatsächlich nur langweilige, schwarze Baumwollslips. Auf den BH würde ich verzichten. 

Lottas Tipps:

Unter dem Begriff Clubwear findet man nicht nur Lack und Latex, sondern auch sehr bequeme und trotzdem sexy Kleider, Tops oder Röcke aus extrem dehnbarem Stoff – zum Beispiel bis Größe 6XL bei Oh My Fantasy!

Pack ruhig ein zweites Outfit in deine Tasche, falls du im Lauf des Abends wechseln willst. Du bekommst im Swingerclub immer einen Umkleidespind, in dem du deine Sachen lassen kannst. Achja, die Unterwäsche – wie wär’s, das Höschen einfach ganz wegzulassen?

Lotta Frei, Autorin der Swinger-Bibel

Sorge Nr. 2: Wen nehme ich mit in den Swingerclub?

Diese Entscheidung habe ich mir ja schon schneller abgenommen als ich darüber nachdenken konnte. Macht es generell Sinn, allein hinzugehen? Oder mit einem Date vom Joyclub? Oder besser mit einer erfahrenen Freundin? 

Allein zu gehen hat sicher den Vorteil, dass man sich komplett auf die eigenen Bedürfnisse und Eindrücke konzentrieren kann – und man jederzeit ohne schlechtes Gewissen wieder gehen kann. Dennoch kann es dir – so wie mir – leichter fallen, einen sympathischen Menschen an deiner Seite zu haben. Man fühlt sich nicht ganz so verloren und hat im Zweifel einen schönen Mädelsabend. 

Meine Begleitung war übrigens auch noch nie im Swingerclub und somit wird es doppelt aufregend. 

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Sorge Nr. 3: In welchen Swingerclub bzw. zu welchem Partythema soll ich gehen?

Es gibt normale Swingerabende und solche mit unterschiedlichen Themen. Das kann BDSM, Schwarz-Weiß, Gothic & Burlesque, Paare-Abend, Herrenüberschuss, Bi-Party oder eben auch eine Molly-Party sein. Manchmal haben auch ganze Clubs nur ein Thema, zum Beispiel reine Paare-Clubs.

Eine Swingerclub Party für Mollige klingt verlockend, weil dort auch dicke Menschen gerne gesehen sind und ich als runde Frau eine Sorge weniger hätte. Aber es gibt sie selten und wenn, dann nur in wenigen Städten. Zudem könnte gerade der gesellschaftliche Durchschnitt einer normalen Party interessant sein, weil man dort auf Menschen treffen kann, mit denen man sich sonst nie getroffen hätte. Erweiterung des (sexuellen) Horizonts und so. Da es in meiner Stadt (Dresden) eh nur drei Clubs gibt, gehe ich nach Empfehlungen bzw. verkehrstechnischer Erreichbarkeit. 

Empfehlenswert kann für den Anfang ein Paare-Club sein, wenn man nicht sofort einen deutlichen Herrenüberschuss haben möchte oder aber ein Thema, mit dem man sich sowieso schon wohl fühlt.

Lottas Tipp:

Wenn du wirklich nur mal Reinschnuppern willst oder als Frau auch auf Frauen stehst, ist ein Paare-Abend die entspannte Einstiegsvariante. In Kontakt mit einzelnen Männern kommt man aber leichter auf gemischten Abenden, auf denen auch Soloherren zugelassen sind. Von Jessicas Heimatstadt Dresden ist es nicht weit zu einem der schönsten Swingerclubs Europas, Schloss Milkersdorf, das auch Rundum-Sorglos-Packages für Übernachtungsgäste anbietet. Weitere Empfehlungen findest du auf meiner Wegweiser-Karte

Lotta Frei, Swingerclub-Expertin
Als runde Frau im Swingerclub - geht das?

Sorge Nr. 4: Wie flirte ich als runde Frau im Swingerclub?

Ja wie geht das eigentlich im Swinger? Lächeln, Zwinkern, Berühren? Wie soll ich damit umgehen, wenn mich als runde Frau kaum einer im Swingerclub beachtet oder Interesse zeigt? Ich bin im Alltag recht zurückhaltend mit dem Flirten – größtenteils, weil man als runde Frau oft ignoriert wird. Und ich habe absolut null Erfahrung mit normalen Clubs – da war ich bisher gezwungenermaßen vielleicht drei Mal.

Vorteil im Swingerclub: Ich muss mich mit zotigen Kommentaren deutlich weniger zurückhalten und auch sonst ist das sexuelle Thema – logisch – deutlich präsenter und nicht wie sonst ein filigraner Seiltanz.

Ich stelle mir den Übergang vom Flirten/Reden zu praktischen Angelegenheiten etwas seltsam vor.  Oder dass mich Profi-Swinger überfahren. Man sollte gut ein Nein kommunizieren können.  

Ein einfacher Weg ist immer über ein Kompliment z.B. über das Outfit oder das Lächeln. Irgendetwas muss an dem Menschen aufgefallen sein und das kann man ruhig äußern. 

Lottas Tipp:

Ein Lächeln ist der sicherste Icebreaker im Swingerclub. Das gilt übrigens für alle Geschlechter! “Wollen wir uns mal im Club umschauen?” heißt übersetzt so viel wie: “Ich mag dich, lass doch mal gucken, ob mehr zwischen uns geht!”. Wenn jemand sowas ähnliches zu dir sagt und er gefällt dir: ran an den Speck und einfach hinterhergehen!

Lotta Frei, die sich selbst im Club immer super schüchtern am Sektglas festhält

Sorge Nr. 5: Wie mache ich das mit dem Buffet im Swingerclub?

Bei den meisten Swingerabenden wird ein Buffet serviert. Dicke Menschen gelten zu Unrecht immer noch als verfressen und maßlos. Daher kann so ein Buffet schon Unbehagen auslösen – kein guter Start in den Abend. 

Wenn du davor Angst hast oder sehr kritisch mit Essen bist (wie ich), solltest du vorher etwas zuhause essen, damit der knurrende Magen nicht vom Wesentlichen ablenkt. 

Ansonsten gilt: Es ist dein Abend und du darfst komische Blicke ignorieren. 

Der Hauptfokus liegt nicht auf dem Buffet. Und bei einem längeren Abend fällt es auch nicht auf, wenn man öfter geht. 

Lottas Tipp:

Generell ist es von Vorteil, vorher schon eine Kleinigkeit gegessen zu haben. Ein Freund sagte kürzlich treffend: mit vollem Bauch beschläft es sich schlecht! Ansonsten ist es völlig normal, öfters am Abend zum Buffet zu gehen und immer nur eine Kleinigkeit auf den Teller zu laden. Da fällst du also gar nicht wirklich auf. Lass es dir schmecken, die von mir empfohlenen Swingerclubs haben alle eine sehr gute Küche!

Lotta Frei – passionierte und hingebungsvolle Esserin

Sorge Nr. 6: Kann ich überhaupt mithalten mit den schlanken Frauen? 

Ich mache mir mittlerweile recht wenig Sorgen ob ich „gut genug“ bin. Ich bin einfach. Aber gerade in einem Raum voller lüsterner Menschen stelle ich mir vor, dass recht schnell „abgecheckt“ wird. Auch unter dem schönen Begriff Fuckability bekannt. 

Da werde ich als runde Frau im Swingerclub realistisch gesehen nicht die oberen Plätze belegen. Kein Problem. Ich habe nur Sorge, dass ich ignoriert werde oder sich Männer aus lauter Verzweiflung auf mich stürzen, weil sie selbst keine der anderen Frauen abbekommen haben. Ablehnung im Swingerclub kann vorkommen, ist aber vermutlich viel schlimmer im Kopf als in der Realität. 

Du bist ein vollständiger, erotischer Mensch. Es kann sein, dass du Pech hast und kein Gegenstück findest (auch von deiner Seite aus), das sagt aber nichts über deinen Selbstwert aus!

Lottas Tipp:

Auch mir ist es schon passiert, dass ich am Ende des Abends ungefickt nach Hause gegangen bin. Dann war für mich einfach niemand Passendes dabei. Ein Besuch im Swingerclub ist niemals eine Garantie auf Sex, deshalb ist es gut, ohne bestimmte Erwartungen in den Club zu gehen. Ich glaube aber, dass die Wahrscheinlichkeit für Frauen wesentlich höher ist, selbst ein Nein erteilen zu müssen, ohne jegliche Aufmerksamkeiten nach Hause zu gehen.

Lotta Frei, die im Swingerclub auch schon öfters ein Nein von einem Mann kassiert hat – wenn auch immer sehr charmant.
Wie man sich als runde Frau im Swingerclub trotzdem wohl fühlt

Sorge Nr. 7: Was, wenn ich keine Lust im Swingerclub habe?

Was, wenn einfach keine Lust hochkommt? Sex kann man schlecht planen und in einem Swingerclub dürfte die Entscheidung recht schnell fallen. Vielleicht möchte ich auch nur ein wenig masturbieren (werde ich dabei in Ruhe gelassen?), angestachelt durch die Atmosphäre. Einfach nur das gute Essen/Getränke genießen und Gespräche über Sex und die Welt führen. Wird man da irgendwann schief angeguckt, wenn man Anfragen ablehnt und kein großes sexuelles Interesse an den anderen zeigt? 

Ein Nein ist ein Nein und es soll keine Pflichtveranstaltung werden. Ein Club, dessen Gäste dies nicht gerne sehen ist keine gute Wahl. Die eigenen Bedürfnisse und die Lust stehen schließlich im Vordergrund (was nicht heißt, egoistisch zu handeln). 

Lottas Tipp:

Die Regel ‘Nein heißt Nein’ wird im Swingerclub viel größer geschrieben als bei normalen Flirts. Oft reicht schon ein Kopfschütteln oder eine verneinende Geste mit der Hand. Ein Swingerclub ist das beste Parkett, das Nein-Sagen zu üben, ohne blöde Reaktionen zu bekommen. Und ein Ohr für das eigene Bauchgefühl zu entwickeln, was sich gerade gut anfühlt, und wo du Abstand brauchst.

Lotta Frei, Bauchgefühl-Expertin

Sorge Nr. 8: Ist Swingen überhaupt was für mich?

Ich bin kein ONS-Typ mehr. Ich mag lieber lockere bis enge Freundschaft+ Kontakte mit denen ich auch mehr als nur Sex teilen kann. Der erste Sex ist selten der Beste und so weiß ich nicht, ob mir das Konzept einer Swinger-Party wirklich zusagen soll. Ich reagiere zuweilen auch fast allergisch auf Sex-Klischees wie schwarze Ledersofas, rote Lampen und Vorhänge, Netzhemden und Leo-Höschen. 

Oder muss ich den Standard einfach herunterschrauben bzw. mich auf das konzentrieren, was wirklich zählt (die Menschen)? 

Die Fotos vom Swingerclub geben erste Hinweise auf die dortige Atmosphäre. Wenn Swingen so gar nicht zu deinen Werten passt, lass es sein. Aber mit Neugierde und Offenheit lassen sich neue, schöne Erfahrungen sammeln. 

Sorgen sind oft nur ein Gedankenkonstrukt. Sie können uns zwar verrückt machen, haben aber selten etwas mit der Realität zu tun. 

Lottas Tipp:

Ein Klischee könnte tatsächlich vorkommen – Ledersofas sind halt einfach hygienischer als Stoff. Betrachte das Ganze als ein Spiel, vielleicht sogar wie ein Rollenspiel. Du hast das Recht, dich in verschiedenen Rollen auszuprobieren. Warum nicht mal als verruchte Sexgöttin? Wer weiß, vielleicht findest du in dieser Rolle mehr von dir wieder, als du jetzt noch glaubst.

Lotta Frei, Rollenspielerin

Am Ende hilft nur eins: es selbst ausprobieren!

Jetzt heißt es nur: Durchatmen, Hingehen, Spaß haben. Und mit einer weiteren Erfahrung nach Hause gehen, was dir gefällt – und was nicht. 

Welche Sorgen machst du dir vor deinem ersten Swingerclub-Besuch? 

Liebe dich. Und deine Lust.

Ps.: Ein Update kommt!


Fotocredits: Renata Re und fabioeliasp1 via pixabay