Fünf Tage lang Bauchschmerzen. Fünf Tage lang kauen und beißen und ziehen und zerren. An Wörtern würgen und Sätze ausspucken. Zwischendurch genervt alles hinwerfen, dann einen Verdauungsschnaps kippen und doch wieder weitermachen.

Es ist nicht so, dass ich andere Blogartikel mit leichterer Feder schreibe. Weil ich nicht einfach nur etwas hinschwurbeln will, sondern dir einen echten Mehrwert an die Hand geben möchte.

Aber dieser Text lag mir wie ein Stein im Bauch. Obwohl oder vielleicht gerade weil das Thema mir so am Herzen liegt. Ein Pro & Contra zur Offenen Beziehung sollte es werden – eine Entscheidungshilfe für alle, die sich fragen:

Kann eine offene Beziehung funktionieren?

Stattdessen hatte ich ein Textmonster erschaffen. Einen Golem aus Times New Roman, dermaßen ohne Linie und Ziel, dass mein Deutschlehrer sich zum Weinen eine stille Ecke gesucht hätte.   

Neon Sign Museum of Fine Arts Boston

Da half nur noch ein mutiger Griff zum digitalen Radiergummi und ein konsequentes Eindampfen auf das, was ich dir eigentlich die ganze Zeit sagen will:  

Wie kann irgendeine Beziehung OHNE das funktionieren?

Ohne Ehrlichkeit, ohne Visionen – und vor allem ohne deine*n Partner*in als das zu sehen, was er*sie ist: Ein Mensch mit Träumen, Fantasien und Bedürfnissen, die nichts mit Dir zu tun haben müssen?

Ohne es zu ahnen setzte ich damit den bislang meistgelesenen Artikel dieses Blogs in die Welt: 5 konkrete Gründe für die Offene Beziehung – und warum Sex (k)einer davon ist.

Dabei bin ich kein Beziehungscoach, keine Sexualtherapeutin und schon gar kein von allen Beziehungsproblemen befreiter Übermensch. Ich bin einfach eine Frau, die in Sachen Partnerschaft etwas Neues ausprobieren will als den immer gleichen Ablauf aus Verliebtsein-Beziehungsalltag-Fremdgehen-Trennung.

Und an allem ist die Domina schuld.

Die Dienstleisterin, die meinen Freund bei der Erfüllung seiner geheimsten Fantasien unterstützte, bis ich durch Zufall dahinterkam. Diese Entdeckung zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Er hat mir Dinge verschwiegen und nur die Hälfte erzählt von dem, was er in der anderen Stadt gemacht hat. Ich fühlte mich unzulänglich, naiv und unbeholfen.

Aber anstatt uns Schuldzuweisungen zu machen, redeten wir darüber. Was er bei ihr fand, das ich ihm nicht geben konnte. Und mir wurde klar: ich bin nicht der Nabel der Welt.

Den Grund für jedes Problem bei mir zu suchen ist auch bloß eine Form von Größenwahn. 

Denn ich bin nicht allwissend, ich kenne nicht alle Tricks im Bett und bin nun mal keine dominante Frau. Und muss es auch nicht ihm zuliebe sein. Es ging nicht von heute auf morgen, aber wir schafften es: über unsere sexuellen Wünsche zu reden und uns gegenseitig Raum zum Ausprobieren zu geben.

Am wichtigsten war dabei, dem Wunsch des anderen mit Interesse und Respekt zu begegnen. Nach der gemeinsamen Schnittmenge zu forschen. Aber auch eine Grenze zu ziehen, wenn unsere Fantasien auseinandergingen. 

Alle 5 Gründe für die offene Beziehung entsprechen meinen persönlichen Erfahrungen, die ich seither machen durfte. Diese Beziehung dauerte noch einige wunderschöne Jahre. Nach 16 Jahren entschlossen wir uns dennoch zur Trennung, um in Zukunft eigene Wege zu gehen. Dabei habe ich einen Liebhaber verloren, aber einen Freund fürs Leben gewonnen. 

Denn was wir gemeinsam durch die offene Beziehung gelernt haben, kann uns niemand nehmen! 

Das war ein kleiner Einblick in meine Textwerkstatt. Und jetzt gehe ich die Contras gegen die Offene Beziehung schreiben!    

Foto von Lauren Peng über unsplash.com